Erbschafts- und Schenkungssteuer
Für die Übertragung Ihres Vermögens – sei es durch Schenkung oder durch Vererben – müssen Sie in Deutschland Steuern bezahlen und zwar in beiden Fällen die gleiche Summe. Dies ist im Erbschafts- und Schenkungsteuergesetz geregelt. Es soll keinen grundsätzlichen Unterschied machen, ob die Übertragung vor oder nach dem Tode des Schenkers bzw. Erblassers erfolgt.
1. Allgemeine Freibeträge
Eine Steuer fällt jedoch nur an, wenn bestimmte Freibeträge überschritten werden. Die Höhe der Freibeträge richtet sich nach der jeweiligen Steuerklasse des Erben bzw. Beschenkten und kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden:
Steuerklasse | Personen | Freibetrag in Euro |
I |
Ehegatten | 500.000,00 Euro |
Kinder und Stiefkinder | 400.000,00 Euro | |
Enkelkinder, wenn der das Kind/Stiefkind des Erblassers gestorben ist | 400.000,00 Euro | |
Enkelkinder, Enkelkinder, Stiefenkel, Urenkel | 200.000,00 Euro | |
Eltern und Großeltern bei Erwerb von Todes wegen |
100.000,00 Euro | |
II
|
Eltern und Großeltern bei Zuwendungen unter Lebenden | 20.000,00 Euro |
Geschwister | 20.000,00 Euro | |
Nichten und Neffen | 20.000,00 Euro | |
Stiefeltern | 20.000,00 Euro | |
Schwiegerkinder und Schwiegereltern | 20.000,00 Euro | |
geschiedene Ehepartner | 20.000,00 Euro | |
III |
alle übrigen Erben und Zuwendungsempfänger | 20.000,00 Euro |
Eingetragene Lebenspartner | 500.000,00 Euro |
Außerdem ist ein steuerpflichtiger Erwerb, der bei Personen anfällt, die den Erblasser unentgeltlich oder gegen ein unzureichendes Entgelt Pflege oder Unterhalt gewährt haben, bis zu einem Betrag von 20.000 Euro steuerfrei, soweit das Zugewendete als angemessenes Entgelt anzusehen ist.
2. Versorgungsfreibeträge
Zusätzlich zu den oben genannten Freibeträgen wird dem Ehegatten/Lebenspartnern beim Erwerb von Todes wegen ein Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro gewährt. Kinder erhalten einen Versorgungsfreibetrag von bis zu 52.000 Euro (gestaffelt nach dem Alter).
3. Sachliche Steuerbefreiungen
Neben den vorgenannten Freibeträgen können verschiedene Vermögensgegenstände steuerfrei übertragen werden. Dies gilt u.a. für:
- Hausrat einschließlich Wäsche und Kleidungsstücke beim Erwerb durch Personen der Steuerklasse I, soweit der Wert insgesamt 41.000 Euro nicht übersteigt,
- Grundbesitz oder Teile von Grundbesitz, Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken und Archive mit sechzig vom Hundert ihres Wertes, wenn die Erhaltung dieser Gegenstände wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt, die jährlichen Kosten in der Regel die erzielten Einnahmen übersteigen und die Gegenstände in einem den Verhältnissen entsprechenden Umfang den Zwecken der Forschung oder der Volksbildung nutzbar gemacht sind oder werden,
- Grundbesitz oder Teile von Grundbesitz, der für Zwecke der Volkswohlfahrt der Allgemeinheit ohne gesetzliche Verpflichtung zur Benutzung zugänglich gemacht ist und dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, wenn die jährlichen Kosten in der Regel die erzielten Einnahmen übersteigen,
- die üblichen Gelegenheitsgeschenke,
- Zuwendungen, die ausschließlich kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken gewidmet sind, sofern die Verwendung zu dem bestimmten Zweck gesichert ist,
- Zuwendungen an politische Parteien im Sinne des § 2 des Parteiengesetzes.
4. Steuertarife
Sind die Freibeträge überschritten bzw. besteht keine sachliche Steuerbefreiung ist grundsätzlich Erbschaftsteuer zu zahlen. Die Tarife ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle:
Steuerklasse |
I |
II |
III |
Wert des Vermögens abzüglich Freibetrag | |||
bis 75.000,-- € |
7 % |
15 % |
30 % |
bis 300.000,-- € |
11 % |
20 % |
30 % |
bis 600.000,-- € |
15 % |
25 % |
30 % |
bis 6.000.000,-- € |
19 % |
30 % |
30 % |
bis 13.000.000,-- € |
23 % |
35 % |
50 % |
bis 26.000.000,-- € |
27 % |
40 % |
50 % |
über 26.000.000,-- € |
30 % |
45 % |
50 % |
5. Immobilien
Besonderheiten bestehen bei der Vererbung von Grundbesitz.
5.1 Familienwohnheim
Wird das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Familienwohnheim an den Ehegatten oder eingetragnen Lebenspartner zu Lebzeiten verschenkt, fällt keine Schenkungsteuer an. Wird das Familienwohnheim an den überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner von Todes wegen übertragen, ist die Freistellung von der Erbschaftsteuer jedoch an eine Bedingung geknüpft. Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner muss das Familienwohnheim 10 Jahre selbst zu Wohnzwecken nutzen. Gibt der Ehegatte/eingetragene Lebenspartner die Selbstnutzung innerhalb von 10 Jahren auf, entfällt die Steuerbefreiung im Grundsatz vollständig, es sei denn er ist aus zwingenden Gründen an der Selbstnutzung gehindert (etwa Unterbringung in einem Pflegeheim).
Kinder und Kinder verstorbener Kinder müssen beim Erwerb des Familienwohnheims von Todes wegen ebenfalls keine Erbschaftsteuer zahlen, sofern sie das Familienwohnheim 10 Jahre selbst nutzen und soweit die Wohnfläche nicht 200 qm übersteigt. Gibt das Kind die Selbstnutzung innerhalb von 10 Jahre auf, entfällt auch hier die Steuerbefreiung rückwirkend, es sei denn eine Selbstnutzung kommt aus zwingenden Gründen nicht in Betracht. Voraussetzung ist zudem, dass der Erwerber das Familienwohnheim nicht aufgrund einer letztwilligen oder rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers oder aufgrund einer Erbauseinandersetzung auf einen Dritten übertragen muss.
5.2 Schenkung unter Vorbehalt einer Nutzung oder Rentenverpflichtung
Soll eine Immobilie auf die Kinder übertragen werden, kann sich aus steuerlichen Gründen eine Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt bzw. mit einem Wohnrecht für den Veräußerer empfehlen. Im Unterschied zu dem bis 31.12.2008 geltenden Recht ist § 25 ErbStG aufgehoben worden. Der Wert des Nießbrauchs- oder Wohnungsrechtes kann daher in voller Höhe vom Wert der Immobilie abgezogen werden. Gleiches gilt bei der Vereinbarung einer Rente.
5.3 Bewertung
Der Wert einer Immobilie bestimmt sich für die Erbschafts- und Schenkungsteuer nach dem Bewertungsgesetz. Dem Steuerpflichtigen bleibt aber vorbehalten, einen niedrigeren Wert nachzuweisen, wenn ihm der Wert nach dem Bewertungsgesetz zu hoch erscheint.
Der Wert eines unbebauten Grundstücks richtet sich nach der Fläche und den jeweils geltenden Bodenrichtwerten. Die Bodenrichtwerte werden durch die Gutachterausschüsse jeweils zum Ende eines Kalenderjahres festgelegt.
Der Wert eines bebauten Grundstücks wird nach einem sog. typisierten Bewertungsverfahren ermittelt. Das Gesetz sieht folgende Verfahren vor:
- Vergleichswertverfahren
- Ertragswertverfahren
- Sachwertverfahren
Das Vergleichswertverfahren gilt für Wohnungseigentum, Ein- und Zweifamilienhäuser. Der Wert der Immobilie wird dabei vorrangig aus den von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreisen bzw. an deren Stelle ermittelten Vergleichsfaktoren abgeleitet.
Das Ertragswertverfahren findet Anwendung für Mietwohngrundstücke sowie Geschäfts- und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem Grundstücksmarkt eine übliche Miete feststellen lässt. Der Wert der Immobilie setzt sich dabei aus dem Bodenwert (= Bodenrichtwert * Grundstücksfläche) und der Gebäudeertragswert zusammen. Der Gebäudeertragswert ist wiederum wie folgt zu ermitteln:
Rohertrag ./. Bewirtschaftungskosten = Reinertrag
Reinertrag ./. Bodenwertverzinsung = Gebäudeertrag
Gebäudeertrag * Vervielfältiger nach Anlage 21 BewG = Gebäudeertragswert
Wird das Grundstück zu Wohnzwecken vermietet, wird vom Wert im Regelfall ein Abschlag von 10 % gewährt.
Die Bewertung nach dem Sachwertverfahren gilt schließlich für alle Grundstücke, für die kein Vergleichswert gebildet werden kann, für die sich keine übliche Miete ermitteln lässt sowie für sonstige bebaute Grundstücke. Beim Sachwertverfahren ermittelt sich der Wert der Immobilie aus dem Bodenwert (= Bodenrichtwert * Grundstücksfläche) und dem Gebäudesachwert. Der Gebäudesachwert ist wiederum wie folgt zu ermitteln:
Regelherstellungskosten * Bruttogrundfläche = Gebäuderegelherstellungswert
Gebäuderegelherstellungswert ./. Alterswertminderung = Gebäudesachwert
5.4 Stundungsmöglichkeiten
Beim Erwerb von vermieteten Wohnimmobilien, einem selbst genutzten Ein- oder Zweifamilienhaus oder von Wohnungseigentum kann die Erbschaftsteuer im Regelfall bis zu 10 Jahre gestundet werden, wenn andernfalls zur Entrichtung der Steuer die Immobilie veräußert werden müsste. Beim Erwerb von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie oder Wohnungseigentum gilt dies jedoch nur, solange die Immobilie selbst genutzt wird.
6. Unternehmensvermögen
Die Bewertung von Unternehmen erfolgt im Rahmen der Erbschafts- und Schenkungssteuer nach speziellen Regelungen.
6.1 Begünstigtes Unternehmensvermögen
Zum begünstigungsfähigen Unternehmensvermögen gehört das Betriebsvermögen von Einzelunternehmen, Mitunternehmeranteile, Anteile an Kapitalgesellschaften von mehr als 25% sowie land- und forstwirtschaftliches Vermögen. Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften kann künftig eine Zusammenrechnung von unter der 25% Mindestbeteiligungsgrenze liegenden Anteilen mit anderen Gesellschaftsanteilen erfolgen, wenn diese einem bestimmten Bindungsvertrag und spezifischen Verfügungsbeschränkungen unterliegen.
Zu beachten ist jedoch, dass der Anteil des Unternehmensvermögens, welches Verwaltungsvermögen ist, nicht begünstigungsfähig ist. Es ist also der Anteil des Verwaltungsvermögens am unternehmerischen Vermögen zu bestimmen. Als Verwaltungsvermögen gelten:
- Die zur Nutzung überlassenen Grundstücke, Grundstücksteile, Grundstücksflächen Rechte und Bauten, wobei hierbei allerdings verschiedene Ausnahmen existieren (z.B. bei Betriebsaufspaltungen, Betriebsverpachtungen und Nutzungsüberlassungen im Rahmen eines Konzerns).
- Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital 25% oder weniger beträgt (Ausnahme: Zusammenrechnung von Anteilen) und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebes eines Kreditinstitutes, eines Finanzdienstleistungsinstitutes oder Versicherungsunternehmens zuzurechnen sind.
- Beteiligungen an Personengesellschaften, wenn deren Verwaltungsvermögen mehr als 50% beträgt (Prüfung bei mehrstöckigen Strukturen auf jeder Ebene).
- Wertpapiere und vergleichbare Forderungen, die nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstitutes, eines Finanzierungsdienstleistungsinstituts oder Versicherungsunternehmens zuzurechnen sind.
- Kunst, Edelmetalle, etc.
6.2 Begünstigen
Die weitere Bewertung des Unternehmensvermögens richtet sich im wesentlichen nach der Quote des Verwaltungsvermögens. Beträgt das Verwaltungsvermögen mehr als 50% des Unternehmensvermögens, ist das Gesamtunternehmensvermögen zu versteuern. Beträgt das Verwaltungsvermögen weniger als 50% und mehr als 10%, gilt folgende Regelung:
15% des Unternehmensvermögens sind unter Berücksichtigung eines gleitenden Abzugbetrages von 150.000,00 Euro sofort zu versteuern. 85% des Unternehmensvermögens können vollständig steuerfrei übertragen werden, wenn folgende Voraussetzungen eingehalten werden:
- Weiterführung des Unternehmens für sieben Jahre.
- Einhaltung der Mindestlohnsumme innerhalb der Lohnsummenfrist von sieben Jahren (650% der Ausgangslohnsumme).
Beträgt das Verwaltungsvermögen weniger als 10%, ergibt sich auf Antrag folgende Steuerbefreiung, wobei das Antragsrecht unwiderruflich ausgestattet ist und mit Abgabe der Steuererklärung ausgeübt werden muss.
100% des Unternehmensvermögens können vollständig steuerfrei übertragen werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Weiterführung des Unternehmens für 10 Jahre.
- Einhaltung der Mindestlohnsumme innerhalb der Lohnsummenfrist innerhalb von 10 Jahren (1000% der Ausgangslohnsumme). Die Mindestlohnsumme muss nur eingehalten werden, wenn die Ausgangslohnsumme mehr als 0 Euro beträgt oder der Betrieb mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt.
6.3 Wegfall der Begünstigungen
Wird das Unternehmen weniger als 7 bzw. 10 Jahre fortgeführt, fallen die vorgenannten Begünstigungen zeitanteilig weg. Gleiches gilt, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen entnommen werden sowie bei Überentnahmen. Auch der Wegfall des Stimmbindungsvertrages und der Verfügungsbeschränkungen bei Familienkapitalgesellschaften kann steuerschädlich sein. Die Nachversteuerung wird allerdings vermieden, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten in Vermögen der selben Vermögensart re-investiert wird.
6.4 Bewertung
Bei der Bewertung des Unternehmens können verschiedene Bewertungsmethoden zur Anwendung kommen:
- Börsenkurs: Handelt es sich um ein börsenorientiertes Unternehmen, ist der Börsenkurs als Stichtagkurs für die Bewertung maßgebend.
- Kaufpreis: Der Kaufpreis eines Unternehmens ist dann als gemeiner Wert heranzuziehen, wenn es sich um Verkäufe unter fremden Dritten handelt, die weniger als ein Jahr zurückliegen.
- Vereinfachtes Ertragswertverfahren: Ist der Unternehmenswert nicht über die vorstehende Verfahren zu ermitteln, kann er nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes nunmehr durch ein vereinfachtes Ertragswertverfahren ermittelt werden, wenn dieses nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. Zu beachten ist dabei stets der Substanzwert (die Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden) als Mindestwert. Vereinfacht lässt sich das Verfahren wie folgt darstellen:
Nachhaltig erzielbarer Jahresertrag x Kapitalisierungsfaktor = Ertragswert.
- Führt das vereinfachte Ertragswertverfahren zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen oder ist für den zu bewertenden Unternehmenstyp ein anderes anerkanntes Bewertungsverfahren einschlägig, kann eine Wertermittlung auch nach diesem vorgenommen werden.
Wichtig !
Bei der steuergünstigen Planung von Schenkungen oder Erbschaften können zudem noch eine Vielzahl anderen Aspekte eine Rolle spielen. Ein persönliches Gespräch mit Ihrem Steuerberater oder Notar ist daher in jedem Fall dringend zu empfehlen.